...und manchmal helfen sie auch, den Humor nicht zu verlieren :)
Kaum jemand erwartet sich, dass Niederösterreich ein Musterland für die perfekte Organisation des Alltagsverkehrs für Fußgänger und Radfahrerinnen ist. Die Kleinstadt Perchtodlsdorf, südlich an Wien angrenzend - also eine wohlhabende "Speckgürtelgemeinde" - hätte ein großes Potenzial, mit gutem Beispiel voran zu gehen. So nützt sie es:
Martinskapelle, Pfarrkirche und Wehrturm aus dem Mittelalter werden von mehreren Seiten einfach zugeparkt. Das gilt auch für den Marktplatz, wo sich die barokke Pestsäule und das Rathaus, ein ehemaliges Bürgerhaus aus der Zeit des Rokoko befinden. Auch nette Geschäfte gibt es, doch die Gastronomie tut sich schwer mit Tischen im Freien.
Schade um den Platz.
Sehr viele alte und neuere Straßen sind Einbahnen, nur ein kleiner Anteil davon ist für Fahrräder geöffnet. Autos parken darf man dafür überall.
Der Blick durch die Windschutzscheibe prägt hier das Verkehrsregime. Denn üblich ist mittlerweile, dass Einbahnen nur in Ausnahmefällen NICHT für den Radverkehr geöffnet sind.
Hier müssen viele durch, die nach Wien wollen. Fußgänger quetschen sich an der Kette vorbei, Radfahrerinnen trotz Verbot auch, denn wo sollen sie sonst durch??
Am besten illustriert aber das folgende Bild, wie die Verkehrsplanung (?) in der hübschen Kleinstadt tickt. In einer ganz normalen Straße ist das Gehen verboten, das Autofahren aber auf zwei Spuren erlaubt. Nein, es handelt sich nicht um eine Autobahn:
Es gäbe so viele Möglichkeiten, diese Straße für alle gefahrlos nutzbar zu machen: Zum Beispiel, alle Schilder weg und nur eines anbringen:
Denn es gilt wohl auch in Perchtoldsdorf:
Zu Fuß gehen alle. Dabei brauchen sie wenig Platz, gefährden und belästigen keine anderen Verkehrsteilnehmer und schonen die Umwelt. Gerade auch wenn sie unterwegs sind, um in den Bus oder Zug zu steigen.
Für das Rad gilt fast das Gleiche, nur fahren natürlich nicht alle Leute Rad, es handelt sich also um eine kleinere Gruppe.
Auto fährt etwa die Häfte der Leute. Meistens sitzen sie allein im Auto (im Durchschnitt ist ein Auto mit 1,15 Personen besetzt). Autos brauchen eine kostspielige Infrastruktur, sie verbrauchen viel Platz und besetzen unangemessen viel öffentlichen Raum. Sie stoßen umweltschädliche, übelriechende Abgase aus und gefährden andere Verkehrsteilnehmerinnen.
Deshalb soll Verkehrsplanung die zu Fuß Gehenden an den Anfang der Überlegungen stellen und ihre Bedürfnisse bestmöglich berücksichtigen. Danach soll es um die Bedürfnisse des Radverkehrs gehen, die sind bescheiden, nur Umwege sind unbeliebt. Das heißt: Sie sollen alle Straßen in allen Richtungen benützen dürfen und dabei möglichst nicht durch hohe Geschwindigkeiten des Autoverkehrs gefährdet werden. Überdachte Abstellplätze werden geschätzt.
Autos erfüllen auch bestimmte Zwecke, sollten aber nicht erste Wahl sein, wenn ein Weg zurück zu legen ist. Am Zielort stehen sie oft im Weg herum und schädigen das Geschäftsleben der Innenstädte, deren Attraktivität unter zugeparkten Plätzen stark leidet. Autoprivilegien sind daher ein teurer Anachronismus in unserer Gesellschaft. Dabei war hier von gesundheitlichen Aspekten des Verkehrs noch nicht einmal die Rede.