Wildwuchs
Für Wildwuchs gibt es seit einiger Zeit eine Belohnung. Was unserer Elterngeneration der Blumenschmuckwettbewerb war – viele Blumenkisten an Fenstern und Balkonen mit viel Substral – das ist uns jetzt der Naturgarten: prämiert mit einer Plakette, die dem Gärtner und der Gärtnerin bescheinigt, ihn naturnah zu bewirtschaften.
Vielleicht ist bewirtschaften das falsche Wort: Wer wenig Zeit hat für den Garten und trotzdem für ein Stück Grün verantwortlich ist, dem bleibt nicht viel anderes übrig, als einen Naturgarten zu gestalten. Was geschnitten wird, bleibt im Garten liegen – hoffentlich etwas zerkleinert. Was sich an Laub, Holz oder Steinen ansammelt, bleibt ebenfalls in Haufen liegen. Igel und Eidechse freut das. Was sich an Gebüsch ansiedelt, wird akzeptiert und (mühsam) im Zaum gehalten. Hartriegel, Holunder und vielleicht auch eine Kornelkirsche kommen von selber und bieten wunderbares Vogelfutter. Der Haselnussstrauch wird nur oberflächlich abgeerntet, für weitere Feinspitze wie Eichhörnchen oder Gartenschläfer bleibt genug hängen und liegen. Der Kompost wird nicht so oft umgesetzt, Blindschleichen nehmen dort ihre Wohnstatt.
Was lang und üppig blüht, ohne viel Pflege zu benötigen, ist willkommen: Mohn, Borretsch, Beinwell, Rucola, Bormbeeren (meine sind immerhin stachellos) und Himbeeren. Das freut die Bienen, die schon im März ihr erstes Futter an der Kornelkirsche findet, die ist viel besser als die Forsythie, welche bis heute viele Gärten schmückt, von den Bienen aber nicht genutzt wird.
Apfelbaum – bei uns ein alter Gravensteiner Hochstamm, der schon im Juli reift – , Kiwi und Traube machen auch nicht viel Arbeit, stiften aber nicht nur für die Menschen Nutzen. Natürlich bleibt auch der „Rasen“ oft lange stehen: Gänseblümchen, Klee und kleine blaue Nesseln blühen. Wem nach etwas Bewegung ist, nimmt den Handmäher und sportelt sich durch das hohe Gras.
Und das Unkraut? Das will Wildkraut genannt werden und muss nicht mehr „sauber“ gejätet werden. Meine Mutter sagt: Wovon du zu viel hast, das iss! Also, Giersch in den Salat – schmeckt würzig und frisch. Alles würde ich wohl nicht essen wollen, was da so wächst. Aber das Löwenzahnstechen macht Sinn, wenn im Frühjahr der Salat noch knapp ist.
Und jetzt habe ich meine Belohnung für „faules Gärtnern“ bekommen: Die Naturgartenplakette.
Info: www.faktornatur.com