Kulturinitiativen sind längst etablierter Teil der Kulturlandschaft geworden. Die Trennung in Hoch- und Subkultur ist insgesamt obsolet, in Bezug auf die Kulturinitiativen ist aus dieser Unterteilung jedenfalls nichts zu gewinnen, da die von ihnen präsentierte Kultur inhaltlich teils der Hochkultur zuzurechnen wären, teils der Alternativkultur.
Sechsundzwanzig Kulturinitiativen haben sich an der umfangreichen Befragung beteiligt, das sind 76,5 % der 34 Mitglieder. Die erhobenen Daten decken also das Feld einerseits gut ab, andererseits ist die Population insgesamt so klein, dass eine Kulturinitiative mehr oder weniger, eine Antwort mehr oder weniger, durchaus Verschiebungen der Durchschnittsergebnisse mit sich bringen kann. Deshalb ist ein linearer Vergleich mit den 2000-2002 erhobenen Daten nicht ohne weiteres möglich.
Die Zahl der Mitglieder der Kulturinitiativen steigt jedenfalls kräftig. Kamen im vorigen Erhebungszeitraum 29 Kulturinitiativen auf 2.600 Mitglieder, so haben im Jahr 2005 26 Kulturinitiativen bereits 3.000 Mitglieder.
Die Beteiligung von Frauen in den bestimmenden Gremien der Kulturinitiativen (Vorstände, Programmgruppen, Kurator/innen) beträgt ein rundes Drittel, in den Vorständen etwas weniger, in der Programmverantwortlichkeit etwas mehr. Frauen sind also angesichts ihres knappen Hälfteanteils an der Mitgliederzahl in den verantwortlichen Positionen unterrepräsentiert.
Nur die Hälfte der befragten Kulturinitiativen verfügt über ein eigenes Veranstaltungslokal. Wenn auch nicht unbedingt anzustreben ist, dass alle mit eigenen Räumen versorgt sind, so besteht doch insofern Handlungsbedarf, als bestehende Räumlichkeiten zu guten Bedingungen verfügbar sein sollten und manche Räume der Anpassung an die Notwendigkeiten der jeweiligen kulturellen Nutzung bedürfen. Die Zahl der Veranstaltungen der Kulturinitiativen wächst beständig. Die 26 befragten Kulturinitiativen organisierten im Jahr 2005 1.428 Veranstaltungen, jedes Jahr mehr als im Jahr davor. Das zeugt einerseits von Professionalisierung, andererseits ist dies auch ein Indiz für den Druck, der auf den Kulturinitiativen lastet: sie werden zum einen von Kulturschaffenden „gestürmt“ und versuchen zum anderen auch, gegenüber den Subventionsgebern mit guten Zahlen aufzuwarten. Diese Entwicklung kann nicht stetig fortschreiten, es scheint an der Zeit zu sein, dass Quantitäten zurückgenommen werden und verstärkt auf qualitativen Zuwachs geachtet wird. (Das gilt übrigens keineswegs nur für Kulturinitiativen.) Gleichzeitig muss die Offenheit gegenüber „Nachwachsendem“ gewahrt bleiben – ein schwieriger Spagat.
Die Zahl der Besucher/innen ist beeindruckend: 182.000 Menschen haben 2005 Veranstaltungen der Kultur-initiativen besucht, das sind im Schnitt pro Veranstaltung 127 Personen – es ist also keineswegs so, dass ein großer Anteil der Veranstaltungen vor zehn Personen stattfände. Es zeigt sich auch gegenüber dem vorherigen Erhebungszeitraum ein kräftiges Plus: damals war die durchschnittliche Besucherzahl 79 Personen. Interessant ist, dass der Anteil der Vorarlberger Künstler/innen an den insgesamt engagierten Künstler/innen zurückgegangen ist: waren es 2002 noch 39%, sind es 2005 nur mehr 33%. Es kann vermutet werden, dass es den Kulturinitiativen aufgrund der stagnierenden Budgets (faktisch also sinkende Budgets) schwerer fällt, selbst mit Künstler/innen zu produzieren. Es wird daher mehr eingekauft, wobei die Herkunft der Künstler/innen eher nebensächlich ist. Dennoch sind die Kulturinitiativen nach wie vor bedeutende Arbeit- und Auftraggeber für Vorarlberger Künstler/innen und Kulturschaffende. Das inhaltliche Spektrum, das Kulturinitiativen bringen und vermitteln ist äußerst breit. Oft sind sie die einzige Kultureinrichtung in einem kleinen Ort und fühlen sich so verpflichtet, mit allen Sparten der Kultur präsent zu sein. In den Ballungsräumen hingegen gibt es spezialisierte Kulturinitiativen, die z.B. nur ein bestimmtes Musikgenre bringen. Theater und Musik sind am stärksten vertreten, Literatur, Ausstellungen und Film sind demgegenüber weit abgeschlagen, allerdings holt die Literatur etwas auf.
Jugendliche und Kinder sind neben der „Normalbevölkerung“ die wichtigsten Zielgruppen, die von Kulturinitiativen spezifisch angesprochen werden. Es folgen Frauen und Migrant/innen, auch hochbetagte Menschen werden von immerhin vier Kulturinitiativen bewusst angesprochen. Dabei werden nicht nur Programme präsentiert sondern intensive Vermittlungsarbeit geleistet, aktive Beteiligung der Zielgruppen angestrebt und damit ein wichtiger Beitrag zur lokalen und regionalen Identität und gesellschaftlichen Integration geleistet.
Die Werbung und die Medienarbeit der Kulturinitiativen sind von Geldmangel und von der starken Konzentration der Vorarlberger Medienlandschaft gekennzeichnet. Interessant ist, dass die Gemeindeblätter nach den Vorarlberger Nachrichten die meist genutzten Medien der Kulturinitiativen sind (gemeinsam mit der „Neuen“). Das kostenpflichtige „VN-Plus-Paket“ wird von den Kulturinitiativen vehement abgelehnt. Offenbar erwarten sie sich von einer Zeitung, die Presseförderung für Informationen in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Kultur erhält, dass die regionale und lokale Kulturarbeit redaktionell betreut wird und jedenfalls im Veranstaltungsteil aufscheint.
Elektronische Medien sind nach wie vor wichtig, Veröffentlichungen im Internet (z.B. Kultur Online) haben ihre Position gehalten, die Zeitungen der Nachbarländer haben an Wichtigkeit verloren.
Eigene Medien (Plakate, Folder) sind nach wie vor wichtig für die Kulturinitiativen: Im Durchschnitt werden 18.000 Folder im Jahr produziert. Bei Plakaten schwanken die Auflagen gewaltig. Wie zu erwarten haben E-Mail-Newsletter gegenüber dem Erhebungszeitraum 2000-2002 stark an Bedeutung gewonnen: hatte damals die Hälfte solche Aussendungen gemacht, sind es mittlerweile drei Viertel. Auch eine eigene Homepage ist Standard.
Die Werbearbeit wird von den Kulturinitiativen als belastend empfunden, doch immerhin findet die rund Hälfte ihrer Aussendungen einen unmittelbaren Niederschlag in den Medien.
Kulturinitiativen erwirtschaften zwei Drittel ihrer Aufwendungen selbst: zu 35% in Form von ehrenamtlichen Leistungen, zu 31% über Karteneinnahmen und ähnliches, nur zu 34% stützen sie sich auf Subventionen. Das ist im Vergleich zu anderen Kultureinrichtungen ein ungeheuer hoher Eigenfinanzierungsgrad (Landestheater erwirtschaften rund 20% ihrer Aufwendungen selbst).
Die Gemeinden sind nach wie vor die wichtigsten Subventionsgeber: ihr Anteil an den Subventionen der Kulturinitiativen beträgt 41%, jener des Landes 37%, jener des Bundes 22%. Andere öffentliche Subventionsgeber (EU, Arbeitsmarktförderung) spielen keine Rolle.
Die Bilanz über die Arbeit der Kulturinitiativen fällt gerade im Bereich Budget recht beeindruckend aus: Dies belegt die Subvention pro Eintrittskarte, die um rund zwei Euro niedriger geworden ist als im Erhebungszeitraum 2000-2002 und nun bei 10,49 Euro liegt, weniger als die Hälfte dessen, was die Bregenzer Festspiele erreichen, obschon diese zu Recht ein hohes Renommée betreffend ihre hohe Wirtschaftlichkeit genießen. Das heißt, dass Kulturinitiativen wohl jene Kulturanbieter sind, die am ehesten überleben könnten, würden die öffentlichen Subventionen für die Kultur ganz allgemein abgeschafft, wobei klar ist, dass es umgekehrt sein muss und die Kulturausgaben steigen sollten. Dann hätten sich gerade die Kulturinitiativen einen gerechten Anteil daran verdient.
Bestellungen direkt bei der IG Kultur Vorarlberg oder im Buchhandel: ISBN 978-3-200-00975-2.