Kulturvermittlung und kulturelle Bildung waren und sind wichtige Anliegen der IG Kultur. Insofern schätzen wir Projekte, die den kulturellen Graben zwischen Schule und Kulturschaffenden zu überbrücken suchen und selbständigen Künstler/innen und freien Initiativen ein zusätzliches bezahltes Betätigungsfeld schaffen. Im Bild: Kick off von Walk Tanz Theater, Foto: Mark Mosman
Macht. Schule.Theater, ein Teilprojekt der Initiative „Weiße Feder – Gemeinsam für Fairness und gegen Gewalt“ und Leitprojekt von „Kunst macht Schule“) hat mit der Finanzierung von Theaterprojekten schon einiges erreicht: Kinder und Jugendliche konnten stärkende Erfahrungen machen und „Bühnenerfahrung“ sammeln. Theaterschaffende und Kulturinitiativen wurden von Schulen in neuer Weise wahrgenommen. 2008 startete die bundesweite Kooperation von bm:ukk, KulturKontakt Austria und DSCHUNGEL Wien und wurde 2010 von educult zwischen evaluiert.
Mit den neuen Rahmenbedingungen und der Art wie derzeit mit Antragsteller/innen kommuniziert wird, droht Macht, Schule, Theater vieles von dem zu verspielen, was bislang erreicht worden ist.
War es zunächst möglich, je nach Inhalten, beteiligten Schulen, Zeitressourcen und sonstigen Gegebenheiten sich für ein kleines, mittleres oder großes Projekt zu entscheiden, schaffen die neuen Rahmenbedingungen eine strukturelle Diskriminierung der selbständigen Künstler/innen und freien Initiativen zugunsten von Landes- und Stadttheatern, weil erstere nicht mehr um ein großes Projekt ansuchen können sofern sie nicht über ein eigenes Haus verfügen und selbst dann nicht ansuchen sollen, wenn sie ein feste Spielstätte nutzen. So wird jedenfalls durch die zuständige Beamtin „beraten“.
Umso erstaunlicher ist, dass die Neuregelung seitens der Abteilungsleiterin damit argumentiert wurde, es gebe eine Empfehlung der Volksanwaltschaft, die ein solches Vorgehen erfordere.
Dazu ist fest zu halten, dass es eine solche Empfehlung der Volksanwaltschaft nicht gibt. Es gab lediglich einen telefonischen Hinweis, wonach die Regeln des Projektes „transparent und nachvollziehbar“ zu sein hätten. Um das zu erkennen, hätte es wohl der Volksanwaltschaft nicht bedurft. (1) Eine Bevorzugung der Landestheater und ähnlich strukturierter Häuser ist dadurch keineswegs zwingend. Das ist also eine Entscheidung der zuständigen Kulturpolitikerin, die das offenbar so wünscht.
Sachliche Regelungen, wonach eine Mindestanzahl von Vorstellungen zu spielen sei und die Vorstellungen z.B. in einer kulturellen Spielstätte stattfinden sollen (also etwa nicht in der Schule), wären inhaltlich hinterfragbar, bedeuten an sich nicht unbedingt eine strukturelle Diskriminierung. Die tatsächliche Exekution der neu formulierten Richtlinien und die „Beratung“ dazu bedeuten jedenfalls eine Benachteiligung der freien Szene und auch der Frauen (die über bedeutend weniger feste Spielstätten verfügen als männliche Künstler). Auch Künstler/innen, die in besonders produktive Bundesländern ansässig sind, erfahren eine Benachteiligung.
Ein gravierender Mangel in Puncto Transparenz und Nachvollziehbarkeit scheint gerade neu geschaffen worden zu sein: Es soll einen Fachbeirat geben, der die Projekte inhaltlich beurteilt. Bislang jedoch ist nicht bekannt, wer die Mitglieder dieses Beirats sind. Demnach wird schwerlich bekannt sein können, welche (auch subjektiven) Werthaltungen eine solcher Beirat vertritt.
Dass Künstler/innen und Initiativen nunmehr keine großen Projekte einreichen dürfen, hat bislang nicht dazu geführt, dass die Anforderungen an Abrechnung und Dokumentation herab gesetzt wurden. Diese Anforderungen kosten – auch angesichts der filmischen Dokumentation – wohl nicht weniger, als für ein mittleres Projekt an Förderung zur Verfügung steht. Wo jedoch eine sinnvolle Relation zwischen Fördersumme und Abrechnungserfordernis aufgegeben wird, bricht ein weiterer Grundsatz staatlichen Handelns in sich zusammen: jener der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit.
Der Appell muss daher lauten: Zurück an den Start! Zuerst muss klar sein, welche Ziele erreicht werden sollen, dann können Richtlinien für deren Erreichung formuliert werden – das Rad muss dafür nicht neu erfunden werden. Oft genügt ein Blick über den Tellerrand, um zu sehen, wie eine Förderschiene zweckmäßig eingerichtet werden kann.
1 Siehe dazu: Zembylas / Tschmuck „Der Staat als kulturfördernde Instanz“ S. 21 und S. 48