Urheberrecht: Umverteilung weiter denken!

Die Einführung einer Festplattenabgabe ist noch nicht das Ende der notwendigen Novellierungen im UrheberInnenrecht

Zur Zeit wird wieder um eine Novellierung des Urheberrechts gerungen, mit der eine bessere Vergütung der Leistungen von Künstler/innen erreicht werden soll. In der vorigen Regierungsperiode ist das Vorhaben ja gescheitert. Die Verhandlungen konzentrieren sich auf die Festplattenabgabe, deren Realisierung eigentlich überfällig ist.

Ein zeitgemäßes Urheberrecht sollte drei Ziele verfolgen:   

  • Eine umfangreiche künstlerische und kulturelle Produktion
  • Den Zugang der Allgemeinheit zu den urheberrechtlich geschützten Produkten (von gratis ist nicht die Rede)
  • Ein angemessenes Entgelt für die Künstler/innen

Zentrale ursprüngliche Idee des Urheberrechts, als es in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde, war die Emanzipation der immateriellen Schöpfungen gegenüber greifbaren Produkten. Eine weitere Idee war die Absicherung von Hinterbliebenen in einer Zeit, als sich das System der Sozialversicherung erst in zögerlichen Schritten etablierte und z.B. in Österreich nach den Bergleuten erst Industriearbeiter eingebunden wurden. Deshalb die Schutzfrist über den Tod der Schöpfer/in hinaus. Dass sich eine Vielzahl von (auch widerstreitenden) finanziellen Interessen bereits damals manifestierte, ist klar. Ebenso gab es bereits staatliche regulatorische Interessen. Dass das Urheberrecht entsprechend seinem Namen den Schutz an der Urheber/in festmacht und ihre persönliche Verbindung mit dem Werk als Basis dafür definiert, gilt grundsätzlich noch heute. Ebenso der Gedanke, dass finanzielle Investments von Produzent/innen zurück verdient und Gewinne erzielt werden können. Dass bereits damals ein Ungleichgewicht zwischen den Verdienstmöglichkeiten von Urheber/innen und anderen Gruppen, die daraus finanziellen Nutzen ziehen, bestand, soll hier nur in Klammern erwähnt werden.

Die Leerkassettenvergütung, die in Österreich bereits 1980 eingeführt wurde, begründet das System der gesetzlichen Vergütungsansprüche, die den teilweisen Verlust eines ursprünglichen Rechts der Urheber/in (hier die Vervielfältigung) durch die technische Entwicklung kompensiert. Die Nutzer/innen (Konsument/innen) zahlen dafür, dass sie „zum eigenen Gebrauch“ kopieren können. Schon damals hat die Terminologie der Novelle garantiert, dass weitere technische Entwicklungen erfasst sind: es ist von „Bild- oder Schallträgern“ die Rede, die zu Handelszwecken hergestellt werden. Insofern sind Festplatten dabei, auch wenn sie damals in der Praxis kaum zum Zweck der Privatkopie genutzt wurden. Es geht also seit geraumer Zeit – und das haben unterschiedlichste Gerichte so gesehen, auch der Oberste Gerichtshof – darum, das Ausmaß der Nutzung unterschiedlicher Trägermedien für die Privatkopie festzustellen und daran eine angemessene Vergütung fest zu machen. Die Möglichkeiten der Privatkopie wurden allerdings durch die EU-Inforichtlinie eingeschränkt von der Kopie „zum eigenen Gebrauch“ auf die Kopie „zum eigenen privaten Gebrauch“. Auch technische Kopiersperren der Industrie haben dafür gesorgt, dass die Privatkopie weniger attraktiv wurde, sie haben überdies in ein Recht der Konsument/innen eingegriffen. Die „Festplattenabgabe“ ist also eine Form der ursprünglichen „Leerkassettenvergütung“ für die es aber noch keinen Tarif gibt. Es ist den mit der Durchsetzung beauftragten Verwertungsgesellschaften nicht gelungen, eine (Verhandlungs- oder gerichtliche) Lösung herbei zu führen. Mögliche Gründe dafür sollen hier nicht weiter erörtert werden.

Was von den Auseinandersetzungen rund um urheberrechtliche Abgaben verdeckt wird, ist die Notwendigkeit, das Urheberrecht einerseits zeitgemäß weiter zu denken, wobei kulturelle, soziale, technische und ökonomische Überlegungen einfließen müssen. Von den Praktiken der Konsument/innen (zu denen die Kreativen auch gehören) bis zu den Fragen der Verteilung der Erträgnisse, wo ja der eigentliche Hund begraben liegt. Auch die Thematik der – auch zum Schaden der Künstler/innen – immer länger werdenden Schutzfristen gehört hierher. Auch eine Haushaltsabgabe für Breitbandinternetanschlüsse soll offen diskutiert werden. Es soll aber ein größerer Anteil der urheberrechtlichen Vergütungen in den Taschen der (lebenden!) Künstler/innen landen.

Dazu gleich ein erster Vorschlag: Die Verteilung der Erträgnisse aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen soll so geregelt werden, dass neben lebenden Künstler/innen nur Erstproduzent/innen daran beteiligt sein können, also weder Erb/innen noch Aufkäufer/innen von Rechten. Das würde dem ursprünglichen Zwecken des Urheberrechts dienen, das ja auf die geistige Verbindung der Schöpfer/in mit ihrem Werk abstellt. Die Verwertungsgesellschaften, die unter anderem die Einkünfte aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen verteilen, bedienen ja grob betrachtet drei Gruppen: lebende Künstler/innen, Erb/innen von Künstler/innen und Unternehmen, die entweder an der kulturellen Produktion beteiligt oder – in viel größerem Umfang – Aufkäufer von Urheberrechten sind. Bis heute sind uns die Verwertungsgesellschaften die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, welche Anteile am Kuchen diese drei Gruppen erhalten.

Mit diesem Vorschlag soll die Diskussion bereichert werden, ebenso ist der offene Brief der Initiative für Netzfreiheit ein Beitrag zur grundlegenden Diskussion. Damit sollen weder berechtigte Ansprüche der Künstler/innen hintertrieben noch die Konsument/innen kultureller Güter den finanziellen Interessen großer Unterhaltungsunternehmen preisgegeben werden. Auch für die Bekämpfung unlauterer Strategien von Google und Co sind wohl der Europäische Binnenmarkt und eine integrierende europäische Steuerpolitik der bessere Austragungsort als das Urheberrecht. Denn dieses hat ja, wie eingangs beschrieben, der Allgemeinheit und den Künstler/innen zu dienen.

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