Liechtenstein im Jahre Schnee: An der Ampel auf den Knopf gedrückt, gleich stellt sie für den Autoverkehr auf Gelb und Rot um. Ich kann die Straße überqueren, ohne mir gefühlte 100 passierende Autos ansehen zu müssen. Das war schon vor 40 Jahren so.
Stockholm im Jahr Schnee: Es ist nicht verboten, als Fußgänger/in bei Rot die Straße zu queren. Nur im Fall eines Zusammenstoßes würde bei der Feststellung der Verschuldensfrage berücksichtigt, wie die Ampel gerade stand.
Juli 2018 in London: Bürgermeister Sadiq Khan lässt die Ampeln neu programmieren, insbesondere jene an besonders stark frequentierten Kreuzungen wie London Bridge und Olympic Park: Sie stehen dann ab September 2018 grundsätzlich für den Fußverkehr auf Grün und stellen nur bei Bedarf um. Das Ziel: "The world's most walkable city". Eine Million mehr Leute, die ihre Wege in London zu Fuß zurück legen. Und natürlich sollen Schulkinder zu Fuß gehen können.
Wie der "Bedarf" definiert wird, kann noch spannend werden. Doch soll die unendliche Disziplin der Londoner zu Fuß Gehenden endlich nicht mehr ausgenützt sondern belohnt werden.
Juli 2018 in Dornbirn: Auf Höhe der Schillerstraße drücke ich den Knopf - nichts geschieht. Nach 45 Sekunden beginnt die Auto-Ampel grün zu blinken, einige Autofahrer steigen auf's Gas. Die Ampel stellt auf Gelb und Rot um. Zwei Sekunden später darf ich die Straße queren.
Kein Wunder - im Landesstraßenbauamt programmiert mit hohem technischen Aufwand der "Elektriker" die Ampeln der Landesstraßen und versucht, diese zu koordinieren. Komplexe Berechnungsprogramme sind im Einsatz, um die Intervalle für jede Richtung in Abstimmung mit den vor- und nachgelagerten Ampeln so einzustellen, dass möglichst viel "Verkehr fließen" kann. Unter Verkehr wird dabei logischerweise nur der Autoverkehr verstanden, denn der droht oftmals nicht zu fließen, während der Rad und Fußgängerverkehr stetig fließt - es sei denn, er wird von Ampeln aufgestaut.
Stau ist die Horrovision des Elektrikers, doch nur der Auto-Stau, obwohl der auch durch die ausgeklügeltsten Intervallberechnungen nicht verhindert werden kann. Fußgänger und Radfahrerinnen finden in den Augen des Ampelprogrammierers vor allem dann Berücksichtigung, wenn sie durch den Autoverkehr an Leib und Leben bedroht werden. Konflikte sollen vermieden werden, indem Fußgänger/innen und Radverkehr auf sicherem Terrain stehen bleiben, nämlich abseits der Fahrbahn des Autoverkehrs, und nur dann queren, wenn gerade kein Auto fährt.
So sieht die Verkehrswelt des "Elektrikers" aus, der für seines obersten Dienstherren, den Verkehrslandesrat, Verkehrspolitik umsetzt. Der hat sich vorgenommen, "die Bevölkerung für die Vorteile der sanften Mobilität zu sensibilisieren". Wir sollen die Vorteile spüren können, und das funktioniert vor allem dann, wenn uns diese Vorteile, in erster Linie der stetige Fluss, vorenthalten werden.
Kann es 2018 wirklich sein, dass das einzige Ziel der Ampelkoordinierungen noch immer ist, den Autoverkehr möglichst schnell weg und weiter zu bringen? Egal wie sehr dabei der Aktiv-Verkehr gebremst und behindert wird?