Verbotszonen? Für den Hugo!

Warum wir Dornbirner Grüne das Alkoholverbot ablehnen

Seit 2003, also seit 15 Jahren, gibt es am Dornbirner Bahnhof eine Verordnung, die Alkoholkonsum im öffentlichen Raum rund um den Bahnhof verbietet. Seither wurde die Verordnung dreimal verschärft (2013, 2015 und 2018). Jedes Mal gab es eine räumliche Ausweitung, zuletzt auch das Verbot, alkoholische Getränke in geöffneter Verpackungen  dabei zu haben (es sei denn im Auto!).

Ziel des Verbots ist, dass die Benützung des Bahnhofsumfeldes durch die Allgemeinheit nicht stark beeinträchtigt wird.

Welche störende Faktoren des öffentlichen Gemeinschaftslebens treten am Bahnhof auf? Beklagt werden

  • Verschmutzung (es landet viel Abfall am Boden, manchmal gibt es auch Verunreinigungen durch Erbrochenes, Urin)
  • Man wird von Unbekannten angesprochen, mitunter angepöbelt, manchmal wird gebettelt
  • Manchmal gibt es illegale Aktivitäten (Drogenhandel, Raufereien)
  • Nächtlicher Lärm kommt vor
  • Sitzbänke sind vielfach besetzt
  • Durchgänge werden durch Gruppen verengt
  • Vandalismus kommt vor

Der Bahnhof ist mit rund 30.000 Passant*innen am Tag der am stärksten frequentierte Ort Vorarlbergs. Auch die Zahl der Züge und Busse, die den Bahnhof anfahren, steigt stetig und führt derzeit schon zu Platzmangel und Umsteige-Stress. Einige Lokale finden sich rund um den Bahnhof, allerdings kein klassisches Bahnhofsrestaurant mehr. Es gibt freies W-LAN, auch Kaffee- und Fotoautomaten, ein Geschäft mit ausgedehnten Öffnungszeiten, Bäckerei, Post, Jugendberatung, Trafik..., ebenso eine große Sozialeinrichtung (Kaplan Bonetti Sozialwerke).

Die Stadtpolizei ist häufig vor Ort und äußert sich über den Bahnhof folgendermaßen: Angesichts der Vielzahl der Personen, die sich am Bahnhofsareal aufhalten, passiere nicht viel, es laufe gut. Delikte würden durch die Polizei konsequent angezeigt, dann erfolgt eine Strafverfügung durch die Bezirkshauptmannschaft. Die Bundespolizei hält fest, dass es sich beim Bahnhof keineswegs um einen Hotspot der Kriminalität handle. Österreich sei das drittsicherste Land der Welt, Vorarlberg das sicherste Bundesland in Österreich. Man müsse halt am Ball bleiben, damit keine Verschlechterung eintritt.

Welche Argumente führen die Befürworter*innen für die Einschränkung im öffentlichen Raum ins Treffen? Der öffentliche Raum ist ja grundsätzlich für alle frei zugänglich und nutzbar. Dabei ist zu beachten, dass sich man sich nicht Freiheiten auf Kosten anderer nimmt.

  • Alkoholkonsum wird als Hauptursache für Ordnungsstörungen und unangemessenes Verhalten gegenüber Passant*innen gesehen
  • Das Alkoholverbot habe sich bewährt
  • Es sei verfassungskonform (VfGH Innsbruck 2008)
  • Es sei besser exekutierbar, wenn auch die offene Bierdose sanktionierbar sei und nicht nur der Schluck aus der Dose

Wir Grüne lehnen ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum ab. Folgende Argumente haben wir bei jeder Ausweitung vorgebracht:

  • Die Freiheitsrechte der Bürger*innen sollen nicht unnötig eingeschränkt werden, wir verteidigen den liberalen Staat
  • Die nunmehr drittmalige Ausweitung zeigt die Wirkungslosigkeit des Verbots
  • Tatsächlich führt eine Verbotszone lediglich zur Verdrängung an andere Orte, wo unangemessenes Verhalten mitunter noch störender wirkt
  • Auch arme und (alkohol)kranke Menschen sollen den öffentlichen Raum uneingeschränkt benützen dürfen, für alle gelten die gleichen Regeln
  • Die Polizei kümmert sich um Ordnungswidrigkeiten jeder Art

Natürlich haben wir auch Vorschläge zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität im Bahnhofsquartier unterbreitet:

  • Intensive sozialarbeiterische Betreuung ist wirkungsvoller und kostengünstiger als Polizeiinterventionen, drei Einrichtungen sind im Bahnhofsbereich aktiv und leisten wertvolle Arbeit
  • Eine Polizeiwache soll eingerichtet werden
  • Eine bessere Ausstattung mit Mülleimern (Rohrbacher Seite) ist notwendig
  • Da der Platz am Bahnhof knapp ist, sollen Bereiche mit Sitzgelegenheiten (und Mülleimern) gestaltet werden (ev. mit Kamera), die einen guten Blick auf die Geschehnisse gewähren, wo aber die Ströme der Passant*innen nicht behindert werden
  • Der Supermarkt wird angeregt, auf das Geschäft mit alkoholischen Getränken zu verzichten

Das ist schlicht eine lösungsorientierte, soziale Haltung, die bessere Ergebnisse für alle Beteiligten bringt als Verbote und Polizeieinsatz.

Eine Anekdote zum Schluss: Beim Medientermin zum Alkoholverbot musste zuletzt mit ein paar Flaschen und zerquetschten Dosen "dekoriert" werden, damit entsprechende Bilder entstehen konnten.

VN-Kommentar von Julia Ortner zum Thema: https://VN.AT/sueCBO

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